Neapel – Ethnologische Streifzüge durch eigensinnnige urbane Landschaften

In diesem Workshop wollen wir die Besonderheiten Neapels ergründen: Neapels Kunstszene, neapolitanische Musik, das unterirdische Neapel, Gespräche mit den Gründern von Anti-Mafia-Projekten in den „quartieri“ sowie Besuche traditioneller Handwerksbetriebe. Die Besteigung des Vesuvs, die wunderbare Insel Procida und eine Wanderung entlang der Amalfiküste gehören auch zum Programm.

Neapel ist ein Paradies, jedermann lebt in einer Art von trunkener Selbstvergessenheit. Mir geht es ebenso, ich erkenn mich kaum, ich scheine mir ein ganz anderer Mensch

Auf seiner Reise durch Italien beschreibt Goethe seinen Einzug in Neapel als Eintritt in eine andere, ihm als Nordeuropäer bis dahin fremde Lebenswelt, die ihn sofort in ihren Bann zieht: orientalisch anmutende Märkte, das Treiben in den Straßen und die arme, aber dennoch lebenstüchtige Natur seiner Bewohner*innen. Heute werden wir Zeuge einer neu erwachten Faszination an dieser Stadt. Während sich in den 1990er Jahren versprengte Touristen ängstlich an ihre Handtäschchen geklammert durch die Gassen tasteten, gibt es nun offene Plätze, Bars und Straßencafés an denen sich junge Leute aus aller Welt versammeln. Neapel ist dabei seinen Ruf als coole Stadt zurückzuerobern: Graffitis neben Madonnenschreinen, Stadtteilprojekte, Galerien, Bars, römische Ruinen und neapolitanisches Alltagsleben existieren dicht beieinander in dem weitverzweigten System der Gässchen und Plätze.

Tatsächlich ist Neapel eine ganz besondere Stadt: eingerahmt vom Vesuv und den Phlegräischen Feldern liegt Neapel in einer katastrophischen Geographie. Drohende Vesuvausbrüche und Erdbeben aber auch wirtschaftliche Probleme und mafiöse Strukturen fordern die Stadtbewohner*innen bis heute heraus eigene Strategien des Überlebens zu entwickeln.

Blick auf Neapel und Vulkan

Davon zeugen u.a. Blutwunder und Heiligenkulte, semi-legale Mikroökonomien – auch bekannt als „Gässchenwirtschaft“, und eine spezielle Form des Lotteriespiels, die den Toten eine Chance gibt sich zu Wort zu melden.
Neapel ist eine europäische Metropole und scheint doch von der Entzauberung der Welt verschont geblieben. Antike Elemente haben sich im urbanen Gewebe der Stadt erhalten – nicht nur in Gebäuden sondern auch in Vorstellungen und Praktiken. Altes und Neues ist wie in Sedimenten geschichtet und gestapelt und kann unvermutet an die Oberfläche treten. Steigt man in einer der vielen Kirchen bis zu den Fundamenten der griechischen Tempel hinab, wird das unmittelbar erfahrbar. Erfahrbar wird es auch in der religiösen Praxis der Neapolitanischen Totenkulte, die in den unterirdischen Schädelstätten bis heute lebendig geblieben sind.

In diesem Workshop wollen wir den Puls dieser besonderen Stadt ertasten, sie in vollen Zügen genießen, uns vom lebendigen Treiben in den Gässchen mitreißen lassen und dabei einige Besonderheiten Neapels ergründen. Der Besuch eines traditionellen Handwerksbetriebs (je nach Verfügbarkeit besuchen wir den Schneider Don Gennaro in seiner Werkstatt, sehen bei der Herstellung der Weihnachtskrippen zu oder betreten das Reich des Kostümbildners Giuseppe) wird uns den Menschen Neapels und ihren Formen des resilienten Wirtschaftens in schwierigen Lagen näher bringen

Im Stadtviertel Sanitá, einem der lebendigsten, interessantesten aber auch problematischsten Stadtviertel, werden wir uns mit Vertretern des Stadtteilprojekts „La Paranza“ treffen und uns erklären lassen wie es gelungen ist, Jugendliche dem Einfluss der Mafia zu entreißen, sie in die Erschließung und Verwaltung der Katakomben miteinzubinden und dadurch das ganze Stadtviertel zu verwandeln.

Neben dem Stadtheiligen San Gennaro, dessen Blutampullen im Dom aufbewahrt werden, wird Diego Maradona in Neapel als Heiliger verehrt. Zu welchen Anteilen sich in diesem Maradonakult Existenzielles und Ironie zusammengefunden haben, werden wir gemeinsam herausfinden.

Napoli Sotterranea – das unterirdische Neapel breitet sich unter dem gesamten Stadtgebiet aus. Wir werden tief in die Tufftsteinformationen hinabsteigen und die griechisch-römischen Fundamente der Stadt entdecken, die in jüngster Zeit vielfältig genutzt wurden: als Zuflucht im II. Weltkrieg, als Verstecke der Mafia, als Zisternen und Fluchtwege.

Der katastrophischen Geographie Neapels nähern wir uns, im dem wir den Vesuv besteigen (mit Sammeltaxis kann man bis kurz unter den Kraterrand fahren) und einen Blick in den Krater dieses noch immer aktiven Vulkans werfen.

Erholung finden wir auf der kleinen Fischerinsel Procida, mit ihren drei malerischen Häfen. 1994 war sie Drehort des berühmten Films „Il Postino (Michael Radford). Wir besuchen die Abbazia San Michele, den Palazzo D’Avalos, zur Zeit der Spanischen Herrschaft in Neapel errichtet und genießen einen Gang durch die malerische Altstadt und den Fischerhafen Coricella.

Wieder zurück in der pulsierenden Stadt begegnet uns das moderne Neapel in Galerien wie dem emblematischen Artspace „Made in der Cloister“ in der Chiesa Santa Caterina a Formiello und im Museum MADRE – im historischen Palazzo Donnaregina gelegen, in dem zeitgenössische Werken von Künstlern zu sehen sind, die sich mit Neapel auseinandersetzen u.a. Rebecca Horn, Joseph Beuys und Richard Serra

Einen Tag lang werden wir der quirligen Grossstadt den Rücken kehren und hinaus an die Amalfiküste fahren. Der Götterweg „sentiero degli die“ ist eine der schönsten Wanderungen die man im Golf von Neapel machen kann. Auf einer Höhe von 600 Meter schlängelt sich der Götterweg durch malerische Landschaften mit Aussicht auf die Küste und das Meer von Agerola bis Positano.

Ein besonders schönes Erlebnis werden wir uns auf keinen Fall entgehen lassen: ein Besuch der „Napolitanata“ – eines life Konzerts mit Tammurriata und Canzioni Napoletane im Herzen Neapels.
Während des Workshops wird es genügend freie Zeit geben, sich auch alleine oder in kleinen Gruppeauf Entdeckungstour zu begeben. Die Abende können je nach Wunsch gemeinsam in Trattorias und Bars bei leckerem Essen und einem Glas Wein verbracht werden.

Nähere Infos:

Kosten: 660 Workshopgebühr – plus folgende zusätzliche Kosten:

  • Eintrittskarten, Transporte in der Stadt, Fähre Neapel-Procida (ca 180 Euro)
  • Wohnen in Neapel (sollte selbst organisiert werden, ich kann aber Empfehlungen geben)
  • Anfahrt per Flug oder Bahn sollte individuell organisiert werden
  • Die Teilnehmerzahl ist auf 12 begrenzt!
  • Der Worskhop eignet sich nicht für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen!
  • Sobald alle Teilnehmer*innen feststehen werden wir ein Vortreffen organisieren, bei dem wir uns kennenlernen können und Einzelheiten besprechen werden.
  • Auch besondere Interessen der TeilnehmerInnen können ggf. berücksichtigt werden.

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Natalie Göltenboth

Dr. Natalie Göltenboth

Eckdaten für die Teilnahme

Neapel – Ethnologische Streifzüge durch eigensinnnige urbane Landschaften

*plus Eintrittskarten/Führungen/Extras

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